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Daemona de Lucca |
Lady Sas: Liebe Daemona, Du bist schon mit 18 Jahren auf SM-Partys gegangen. Erinnerst Du Dich noch an Deinen allerersten Kontakt mit SM? Wie war das?
Daemona de Lucca: In der
Gothic-Szene ist es das normalste der Welt auf eine SM-Party zu gehen. Gothic
und SM haben schon immer, für mich zumindest, zusammengehört. Außer dass die
Menschen um einen herum etwas leichter bekleidet waren, konnte ich keinen
Unterschied zu anderen Schwarzen Veranstaltungen bemerken. Musik, tanzen und
Freunde treffen standen bei mir eher im Fokus. Von daher habe ich das Geschehen
in den abgetrennten Spielräumen auch gar nicht so zur Kenntnis genommen und
keine prägnante Erinnerung aus dieser Zeit.
Interview mit Daemona de Lucca
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Daemona de Lucca |
Daemona de Lucca: Meine
Wurzel liegen ja in der Gothic-Szene und da schmückte man sich gerne mit
„diabolischen“ Namen. Diejenigen die das mit dem Teufel oder dem Bösen
assoziierten, sind auf dem Holzweg. Die Schutzgeister (Gargoyles), die an
einigen Kirchen und Kathedralen in allen vier Himmelsrichtungen gemeißelt
wurden, symbolisieren dämonische Kreaturen um böse Geister abzuwenden und um zu
zeigen „Hier sind wir schon, Verschwindet!“. Das passt im übertragenen Sine
auch auf den SM. Die strenge, böse Herrin trägt im Endeffekt auch nur Sorge,
dass es ihrem Spielpartner gut geht.
Lady Sas: Du hast eine Autobiographie geschrieben. "Tabubruch
– Lebensachterbahn einer Domina". Du siehst so jung aus, ist es nicht ein
bisschen früh für einen Rückblick?
Daemona de Lucca: Jung
ist relativ, lach. Wie ich zum Erschrecken feststellen musste, bin ich schon
vierzig. Dank guter Gene sieht man es mir nicht direkt an. Eine Autobiographie
zu schreiben muss nicht unbedingt mit dem Alter verbunden sein. Zumindest dann
nicht, wenn einem bewusst wird, dass ein prägender Lebensabschnitt zu Ende geht
und hier nichts Neues mehr dazukommen kann.
"Tabubruch" – das Buch von Daemona de Lucca
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Das Buch von Daemona de Lucca |
Daemona de Lucca: Der
ursprüngliche Grund, meine Erinnerungen niederzuschreiben, waren einige
Aufforderungen im Freundeskreis, die gerne meine Geschichten hörten oder in
Facebook lasen. Geschrieben habe ich ca. zwei Jahre lang. Es hat einiges an
Zeit in Anspruch genommen, sich in der richtigen Reihenfolge zu erinnern und
mit Menschen zu sprechen, die in den jeweiligen Zeitepochen, mir bei einigen
Erinnerungslücken auf die Sprünge halfen. Ich wollte alles so originalgetreu
wie möglich wiedergeben. Durch die neue
Gesetzesänderung wurde mir immer klarer, dass es für mich keine Zukunft mehr im
professionellen SM Bereich geben wird. Ich bin lange mit mir in medias res
gegangen. Nach einigen Abwägungen des fürs und widers, bin ich zu dem
Entschluss gekommen, dass die Einschneidungen einiger Grundrechte erheblich
sind und ich diesen steuerlichen Irrsinn nicht mitfinanzieren möchte. Insofern
kann ich weder moralisch noch politisch dahinterstehen und würde mich somit
verkaufen.
So wurde aus einem
Erinnerungsbuch ein Abschiedsbuch. Gegen Ende habe ich eher für mich
geschrieben, um auch für mich selbst zu reflektieren, was ich die letzten 14
Jahre alles erlebt, gemacht und empfunden habe. Die Zeit ist so schnell
verflossen.
Lady Sas: Bei einer Achterbahnfahrt geht es in schneller Folge auf
und ab. Inwiefern trifft das auf Dein bisheriges Leben zu?
Daemona de Lucca: Jeder
sitz ja in seiner persönlichen Achterbahn und die Geschwindigkeit des Hochs und
Runters ist sehr individuell. An das Auf gewöhnt man sich sehr schnell, von
daher finde ich die Abwärtsrichtung interessanter und sehe diese eher als
Herausforderung schwierige Zeiten zu durchstehen.
Die eigenen Prinzipien nie verloren
Daemona de Lucca: Mein
größter persönlicher Erfolg ist, dass ich meinen Humor und die eigenen
Prinzipien nie verloren habe und mir immer selbst treu geblieben bin. Meine
größte Niederlage wird erst noch passieren. Die Frauen, mit denen ich aktuell
im Studio zusammenarbeite, muss ich leider, gezwungen durch die neue
Gesetzeslage, in eine ungewisse Zukunft schicken. Ich habe lange gegen den Bürokratismus gekämpft, aber im
Endeffekt haben die unbiegsamen Paragraphen, die auf keine persönlichen
Schicksale rücksichtnehmen, gewonnen.
Lady Sas: Wenn es Dir als Domina doch nicht so viel Spaß gemacht
hätte – was wäre Plan B gewesen?
Daemona de Lucca: Dann
wäre mir dann etwas anderes Eingefallen. In solchen Fällen vertraue ich immer
dem Schicksal und was es für einen bereithält. Jegliche Lebenswendung hat
seinen Sinn.
Lady Sas: Wie ist der Titel "Tabubruch" gemeint? Worauf
bezieht er sich? Ich nehme an, in Deinen Sessions hältst Du Dich an die Tabus
Deiner Gäste.
Daemona de Lucca: Der
Titel bezieht sich nicht direkt auf die Tabus der Gäste und ob ich diese
einhalte oder nicht. Der Titel ist frei
interpretierbar. In einigen Passagen im Buch werden auch Tabubrüche
angesprochen und was für psychologischen Auswirkungen ein „Nicht einhalten“ der
Tabus bewirken kann. Von der Aktiven, wie von der Passiven Seite hergesehen.
Tabubruch passt aber auch
zu den Passagen, in denen um Verdienste gesprochen wird. Über Geld redet man ja
bekanntlich nicht. Ich tat es, und nahm vielleicht anderen die Illusionen vom
schnellen Geld. Tabubruchs steht aber auch für einige psychische Tiefpunkte die
ich erlebte und von missglückten Schönheitsoperationen die ich durchmachte.
Eigentlich steht der Titel für viele Themen über die man nicht gerne öffentlich
redet.
Daemona de Lucca über die SM-Übersättigung
Lady Sas: Kann man mit SM überhaupt noch schockieren? Manchmal
habe ich den Eindruck, das Thema sei so oft von den Medien beleuchtet worden,
dass die Gesellschaft sich langsam satt gesehen hat. Wie ist Dein Eindruck?
Daemona de Lucca: Mit
Sicherheit gibt es eine Übersättigung. Früher war SM ein richtiger Trend. Ging jemand
nicht auf jede SM-Party am Wochenende wurde derjenige im Büro schon schräg
angesehen. Aber wie alle Trends verfliegen diese schnell, aber eine Akzeptanz
ist in der Gesellschaft übriggeblieben.
Wenn heutzutage das
Thema SM angesprochen wird, lockt man keine Oma mehr in die Schockstarre. Mir
kommt es sogar vor, das SM mittlerweile anerkannt wird. Zumindest dann, wenn
man offen mit dem Thema umgeht und aufklärt. Der passive Part hat es leider
viel schwerer Verständnis zu bekommen als der aktive Part. Das Bild der
schlagenden Domina wird in der Gesellschaft immer mit Stärke und Macht verbunden,
während der Geschlagene eher bemitleidet wird. Was völliger Quatsch ist. Aber
was wäre der Mensch ohne sein Schubladendenken?
Lady Sas: Ist SM ein großer Abenteuerspielplatz für Erwachsene?
Daemona de Lucca: Auf
jeden Fall. Und was für ein großer Abenteuerspielplatz! Je nach
Experimentierbereitschaft und Neigung sind die Variationen unendlich. Als
SM`ler bieten sich viel tiefere und vielschichtiger Dimensionen an, vor allem
auf der Empfindungsebene, als in einer normalen körperlichen Zusammenkunft.
Wenn ich das mal so formulieren darf.
Lady Sas: Welche Rolle spielt der Kopf beim SM?
Daemona de Lucca: Im
Sadomasochismus ist der Kopf und das dazugehörende Kopfkino entscheidet wie
eine Session verläuft. Kann der passive Part nicht abschalten und ist im Geiste
blockiert, fühlt sich für ihn jegliche Handlung, die an ihm ausgeübt wird, nur
unangenehm schmerzhaft an. Somit ist es zielführend, bei einer Session das
rationale Denken weitgehend auszuschalten um auf die reine Gefühlsebene zu
gelangen.
Über ihr SM-Studio "Fine Art of Domination"
Lady Sas: Du führst Dein eigenes Studio, das "Fine Art of
Domination" in Karlsruhe. Welche Vor- und Nachteile hat es, ein eigenes
Domina-Studio zu haben?
Daemona de Lucca: Ein
eigenes Studio zu besitzen erfordert neben dem Verantwortungsbewusstsein auch
das geschäftliches Risiko, das jeder Selbständige zu tragen hat. Entgegengestellt
dafür, hat man die Vorzüge seine eigenen Regeln aufzustellen und ist nicht an irgendeine
Studiohierarchie gebunden. Auch die freie Mitarbeiterauswahl ist ein klarer
Vorteil. Ich bin mit der Entscheidung mich selbständig zu machen sehr glücklich
und habe es nie bereut.
Lady Sas: Du veranstaltest jeden ersten Freitag im Monat eine SM
und Klinik Party. Warum?
Daemona de Lucca: Die
SM-Klinik-Party ist ein kleines Bonus-Geschenk für unsere Gäste. Der Eintritt
hält sich im finanziellen Rahmen und die Gäste haben die Gelegenheit neue
Frauen aus dem Studio kennenzulernen. Im Gegenzug haben neue Frauen die Chance
sich den Gästen bekannt zu machen und können zuzüglich mit einem festen
Verdienst rechnen. Frauen die noch keine SM-Techniken beherrschen, bietet sich
auf der Party die Gelegenheit erfahrenen Damen beim Spielen zuzuschauen, viele
verschiedene Techniken kennenzulernen und diese sich anzueignen.
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Daemona de Lucca |
Höhere Ansprüche der Gäste
Lady Sas: Wie hat sich die Arbeit im Studio in den letzten Jahren
verändert?
Daemona de Lucca: Die
Ansprüche der Gäste sind wesentlich höher geworden. Der Gast erwartet neben
einer perfekten hochmodernen Studioausstattung auch absolute Flexibilität in
der Terminvereinbarung. Außerdem habe ich das Gefühl das es immer mehr
Konsumenten gibt, denen die Spielpartnerin und ihre Vorlieben und Tabus egal
ist. Der reine Konsument sieht seine Neigung und das Geld, das er ausgibt, als
oberste Wichtigkeit an und bewertet seine Spielpartnerin mit Schulnoten. Was
für mich ein Ding der absoluten Respektlosigkeit darstellt.
Lady Sas: Was inspiriert Dich und wie kommst Du auf neue Ideen für
Sessions?
Daemona de Lucca: Es
gibt die verschiedensten Inspirationsmöglichkeiten. Manchmal sind es die Ideen
der Gäste die einen beflügeln können, manchmal die Zusammenarbeit mit einer
anderen Domina. Auch einige Szenen aus Filmen können sehr inspirierend sein.
Daemona de Lucca über die Zukunft
Lady Sas: Wie sehen Deine Pläne für die Zukunft aus?
Daemona de Lucca: Zukünftig
werde ich mich aus der professionellen SM-Szene zurückziehen, ihr aber nicht
den Rücken kehren. Meine Studioräume möchte ich privaten Pärchen zur Miete
anbieten und auch private SM-Partys veranstalten. Auch mein Wissen über
SM-Techniken möchte ich gewerblichen sowie privaten Damen und Herren in Form
eines individuellen Coachings anbieten. Zusätzlich bin ich ausgebildete
Hypnotiseurin und möchte diese Technik in Form von Stress-Präventionen,
Phantasiereisen und Ressourcen-Training als Coaching anbieten. In Sessions habe
ich damit sehr gute Erfahrungen gemacht und bin begeistert welche Ergebnisse
mit Hypnose zu erzielen sind. Im nächsten Jahr baue ich meine eigene Praxis auf
und werde mit den Schwerpunkten Sexualtherapie, Depression, Ängste und
Rückenleiden dort tätig sein.
Lady Sas: Vielen Dank für diese spannenden und interessanten Einblicke.
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