"Den Mutigen gehört die Welt" dachten sich Lady Mercedes und Lady Marlon vor über einem Jahrzehnt und gründeten das Berliner Studio Avalon. Heute gilt das Avalon als eines der bedeutendsten Studios in Europa. Hier machen Top-Dominas aus der ganzen Welt Station. Doch wer mutig ist, gibt sich nicht so schnell zufrieden und stellt sich immer neuen Herausforderungen. So kam es, dass die beiden Ladys 2006 zusätzlich die Avalon Residenz eröffneten. Eine ehemalige Gewehrfabrik von 1854 mit großem Außenbereich, die heute als exzellent ausgestattetes BDSM-Traumland dient. Lady Mercedes verfügt also über einen einzigartigen Erfahrungsschatz. Nicht nur als Herrin, sondern auch als Unternehmerin und Visionärin. Schön, dass sie uns daran teilhaben lässt. Ein Gespräch über die Ausrichtung der Residenz, die Entwicklung der Branche, Nachwuchsherrinnen, besondere Momente und Zukunftspläne für ein "besonderes Köfferchen".
Lady Sas: Liebe Mercedes, zusammen mit Lady
Marlon hast Du in Berlin nicht nur das Studio Avalon gegründet, sondern 2006
auch die Residenz Avalon. Beschreibe uns bitte kurz das Konzept der
Residenz.
Lady Mercedes: Unser Konzept entstand, als sich
immer mehr Gäste mit dem Anliegen einer Langzeiterziehung an uns wendeten.
Wir wollten einen Ort, der diesen
Ansprüchen gerecht wird, dunkle Kellerräume, Verhörzimmer, Zellen,
Dunkellöcher, versteckte Ecken und vor allen Dingen ein uneinsehbares
Außenareal. Die Idee mit der Privatvermietung für externe Gäste kam erst viel
später hinzu.
Lady Mercedes: Der Vergleich ist nicht zu weit
hergeholt. Tatsächlich wurden wir durch OWK Reisen inspiriert. Lady Marlon war
von Anfang an ein großer OWK Fan, und ich wurde es später auch. Wir haben dort
gemeinsam zwei große Events miterlebt und haben uns für das Konzept sehr
begeistert. Ein Gelände wie das OWK war uns dann doch eine Nummer zu groß, also
schauten wir nach etwas Übersichtlicherem.
In der Residenz beherbergen wir Menschen, die ihre Beziehung unter
besonderen Vorzeichen leben. Vorwiegend sind unsere Gäste FemDom-orientiert, aber hin und
wieder besuchen uns auch dominante Herren mit ihren Sklavinnen. Ihnen bieten
wir den geeigneten Rahmen, um ihre Neigungen und Fantasien ausleben zu können.
Dort stört es niemanden, wenn der Tag damit beginnt, dass eine Herrin lautstark
Frühsport mit ihrem Sklaven macht, oder jemand den Morgen zunächst einmal mit
einem Peitschenritual beginnt. Daneben betreuen wir unsere
Langzeitzöglinge mit den Damen des Studios als Gardistinnen und veranstalten ca. drei bis fünf Events im Jahr, die unter einem bestimmten Motto stehen. Sehr beliebt
ist zum Beispiel der Event „verschleppt und entführt“, der von Lady Marlon, mir und dem
gesamten Avalon Team betreut wird. (Anmerkung von Lady Sas: Lady Marlon ist nicht mehr als Domina tätig, es können keine Termine mit ihr gebucht werden.)
Lady Sas: Bist Du zufrieden damit, wie sich die Residenz Avalon in den letzten Jahren entwickelt hat?
Lady Mercedes: Auf jeden Fall. Wir bekommen sehr
viel internationalen Besuch, und
über die letzten Jahre haben sich einige wirklich sehr schöne
Freundschaften über die Residenz
entwickelt. Nicht nur, dass Marlon und ich bereichernde Bekanntschaften geschlossen haben, auch Gäste
untereinander, die sich bei uns kennengelernt haben, verstehen sich so gut,
dass sie jetzt ihre Aufenthalte miteinander verabreden und sich kleine Zirkel
gebildet haben. Es haben sich sogar Paare in der Residenz gefunden und
verliebt: Es gab ein Pärchen, da hat er ihr einen Heiratsantrag gemacht. Das
ist wahrlich eine gute Bilanz.
Lady Mercedes: In der Vergangenheit haben wir in
der Residenz einige große Partys gefeiert, davon verabschieden wir uns in
Zukunft. Zu viele Kollateralschäden. In Zukunft wird es sicher hin und wieder
ein Fotoshooting oder einen Filmdreh geben. Ansonsten wollen wir den Schwerpunkt
klar im Bereich Individualität setzen. Das sind die Privatvermietungen, unsere Events und individuelle
Betreuungen unserer Gäste. Die Residenz soll ein verschwiegener Platz für die
Verwirklichung von Phantasien und die Erfüllung von Träumen sein.
Lady Sas: Du kannst auf einen
beeindruckenden Erfahrungsschatz im Studiobetrieb zurückblicken. Welche
Entwicklungen und Tendenzen beobachtest Du? Wie hat sich die Branche verändert?
Lady Mercedes: Gentlemen der alten Schule gibt es
leider kaum mehr. Dafür ist andererseits BDSM gesellschaftsfähig geworden. Geh
mal am Wochenende in einen Fetischladen. Da sind Pärchen in jedem Alter
unterwegs und es wird nicht verschämt, sondern neugierig geschaut, was die
anderen jetzt anprobieren. In
jedem H&M bekommst Du
heute irgendwas aus Leder oder Lack. Viele Gäste sind häufig nur noch kinky
unterwegs. Im Studio ist alles viel technischer geworden. Früher reichte es, eine gute
Ausstattung zu haben, heute leisten wir uns in unseren Studios
Materialschlachten. Da muss es speziell dieses oder jenes Stromgerät sein, und
diese Zwangsmaschine und dieses Vakuumbett und und und. Viele übersehen, dass
der Mensch im Mittelpunkt steht und stehen muss.
Lady Sas: Ist es eigentlich schwerer als in
der Vergangenheit, exzellentes Personal zu finden? Wie sind hier Deine
Eindrücke?
Lady Mercedes: Leider ja. Es gibt wenige von uns,
die ausschließlich als Domina agieren. Die meisten haben noch einen anderen
Job. Wir arbeiten häufig mit jungen Studentinnen zusammen. Das ist leider ein Dilemma, weil
wenig große Namen nachwachsen. Die jungen Frauen hätten teilweise das Charisma
und das Know-how, eine ganz Große
zu werden, sind aber durch ihr Studium und andere Verpflichtungen zu wenig
fokussiert, um das zu erreichen. Da ist die Entscheidung schon im Vorfeld
gefallen – für einen zeitweise interessanten Job als Domina, aber letztendlich
hat die Priorität immer das Studium. Es gibt leider wenig Frauen, die sich ganz
und gar für diesen Beruf entscheiden und dazu noch die besten Voraussetzungen
mitbringen.
Lady Sas: Welche Voraussetzungen sollte man
mitbringen, um im Studio Avalon als klassische Domina arbeiten zu können?
Lady Mercedes: Eine klassische Domina sollte Stil,
Niveau, gutes Aussehen, eine sehr gute Allgemeinbildung, Empathie und
Teamfähigkeit mitbringen. Außerdem setzen wir gute englische Sprachkenntnisse
voraus.
Lady Sas: Worauf achtest Du bei einer
Bewerberin besonders, die sich im Studio Avalon als klassische Domina
vorstellt?
Lady Mercedes: Zunächst achte ich schon beim ersten
Kontakt auf die Wortwahl in einer E-Mail oder beim Telefonieren auf die
Sprache. Auch darauf, ob sie sich
adäquat ausdrücken und wie sie mir
ihre Beweggründe und ihr Interesse für den Beruf Domina plausibel machen kann.
Ich möchte auch vorher ein Bild sehen, denn gutes Aussehen setze ich voraus. Ich achte sehr genau darauf, wann
die Frage nach dem möglichen Verdienst gestellt wird. Wenn das eine der ersten Fragen
ist, sind wir hier schon durch. Und natürlich, ob sie ein selbstsicheres
Auftreten hat, ob sie mir in die Augen schauen kann und wie sie sich bewegt.
Ich achte auf ihre Reaktionen beim Studiorundgang, wenn ich die Räume zeige.
Später setze ich sie dann ganz gern noch zu den anderen Teammitgliedern. Dort
gibt es immer was zu plaudern – und oft bekomme ich von meinem lieben
Stammpersonal eine ganz gute Einschätzung über eine vielleicht zukünftige
Kollegin.
Lady Sas: Gibt es für klassische Dominas
eigentlich eine Altersgrenze?
Lady Mercedes: Nein, das glaube ich nicht. Es ist
kein Geheimnis, dass ich auch schon älter bin, und ich habe nach wie vor gut zu
tun und liebe meinen Beruf. Es wäre doch ein Jammer, diesen großartigen Erfahrungsschatz nicht mit der Welt zu teilen. Wirkliche
Souveränität bekommt man erst in
einem bestimmten Alter, und das ist etwas Wunderbares.
Lady Sas: Ich habe gehört, junge Dominas
werden häufiger von Gästen nachgefragt als ältere. Ist an diesem Gerücht aus Deiner
Sicht etwas dran?
Lady Mercedes: Ja, das sind oft die Gäste, die sehr
kinky unterwegs sind. Aber die meisten echten SM´ler können mit einer sehr
jungen Domina häufig nichts anfangen.
Lady Sas: Haben in Deiner Wahrnehmung
Bestseller wie "Shades of Grey" irgendeinen Einfluss auf den
Studiobetrieb gehabt?
Lady Mercedes: Nein. Ganz sicher nicht.
Lady Sas: Du
kannst stolz auf das sein, was Du aufgebaut hast. Hast Du ein
Erfolgsgeheimnis? Kannst Du
jungen Damen einen Tipp geben, die ebenfalls von einem eigenen Studio träumen?
Lady Mercedes: Ich habe den
Beruf gewählt, den ich immer wollte. Ich habe eine Partnerin gefunden, die auch
meine Freundin ist, Lady Marlon, mit der ich eine Vision hatte. Wir haben uns
immer gegenseitig motiviert. Unser Motto
war immer „Den Mutigen gehört die Welt“.
Von Anfang an haben wir hohe Ansprüche an unsere Arbeit gestellt. Wir
wollten uns immer neu erfinden. Es gibt Regeln, nicht nur für Sklaven,
sondern auch im Miteinander mit dem Team. Bei uns ist es da fast preußisch, da
sind Marlon und ich uns sehr ähnlich. Was ich
jeder Frau raten kann, die ein eigenes Studio eröffnen will: Wenn Ihr auf
Wohnungssuche seid, sagt immer die Wahrheit über Eure Absichten, sucht Euch
einen guten Steuerberater und umgebt Euch mit guten, loyalen Teamspielerinnen.
Lady Sas: Was
treibt Dich an? Was motiviert Dich?
Lady Mercedes: Ich bin ein
Gefühlsjunkie. Ich liebe es, mit meinen Gästen ganz besondere Momente zu
erleben. Diesen einen besonderen Augenblick, den nur wir miteinander
teilen. Ich bin die Dirigentin
eines ganz besonderen Orchesters. Und das liebe ich. Eine große Motivation ist unser Team. Das sind
auch wirklich alles sehr besondere Frauen, von denen kommt so viel unterschiedlicher Input. Etwas
zu wagen, ein neues Konzept zu kreieren und zu sehen, was passiert, finde ich
wahnsinnig spannend. Und natürlich sind unsere Gäste auch immer wieder
Motivation – so viele spannende Geschichten...
Lady Sas: Hast Du
eine Vision für die Zukunft?
Lady Mercedes: Ich würde
gern ein bisschen mehr in Sachen Dominanz verreisen. Ich gastiere zweimal im
Jahr in England, das gefällt mir sehr gut. Ich sehe mich mit meinem „besonderen
Köfferchen“ in die interessanten Metropolen dieser Welt reisen, um dort ein bisschen zu arbeiten und
dabei die Welt zu erkunden. Und ich
mache es wie alle, ich schreibe ein Buch. Genug habe ich ja erlebt…
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